(Gastbeitrag) Dudweiler Geschichtswerkstatt erinnert an den 20. März 1945
Artilleriebeschuss und Angriffe von Jagdbombern bestimmten unmittelbar vor dem 20. März das Leben in Dudweiler. In jenen Tagen haben die letzten deutschen Truppen unsere Gegend verlassen und sich zum Rhein hin abgesetzt. Die Bevölkerung in Dudweiler verbrachte die überwiegende Zeit in Luftschutzbunkern und in Kellern – zuletzt in banger Erwartung, wann mit vorrückenden alliierten Einheiten zu rechnen sein würde. Einer Tagebucheintragung unter “Dienstag, 20.März 1945” ist dazu u. a. folgendes zu entnehmen:
“Die Beschießung hat ganz aufgehört. Es ist eine eigentümliche Stille eingetreten.” Ein Mann, der aus Sulzbach “herüber” gekommen sei, “berichtet aufgeregt: In Sulzbach ist, über die Grühlingstraße kommend, das erste Amerikanische Auto, ein Sanitätswagen, eingetroffen. Das war so um 10 Uhr. Alle Leute sollen aus den Kellern rauskommen. Die ganzen Menschen machen gleich andere Gesichter ! Die Angst, das Verkrampfte, ist in den Gesichtern mit einem Schlag weg. Trotzdem – aus dem Bunker kommt niemand heraus. Da – gegen 12 Uhr – fahren die ersten amerikanischen Spähwagen von Sulzbach kommend in Richtung Saarbrücken, jetzt ist der Bann gebrochen. Die Leute verlassen den Bunker, schleppen Stühle, Matratzen, Betten Koffer u.s.w. wieder nach Hause. Flieger kreisen über uns, aber kein Mensch sucht mehr Deckung. Spähwagen. mit schweren M.G. bestückt, fahren nun in der Folge in beiden Richtungen durch den Ort.
D i e e r s t e N a c h t o h n e Beschiessung ist gekommen. Für Freude zeigt sich keine Spur, nur ein Aufatmen von grenzenlosem Ausmass, eine Entspannung, macht sich geltend. Liegen doch Jahre hinter uns, wo man Tags und Nachts nur um des bisschen Lebens Willen rannte, um in halbwege Deckung zu kommen. Die Bewohner unseres Hauses schlafen aber doch noch im Keller.”
Dieser Tagebucheintrag, der von einem Dudweiler Bewohner aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Bunkeranlage (vgl. der oben in Bezug genommenen “Bunker”) hinter der Glückauf-Apotheke herrührt, hat sich als Maschinenabschrift leider nur fragmentarisch im Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Dudweiler (Signatur: 03-1) erhalten. Die darin geschilderte Stimmung der Bevölkerung an diesem Tag, eine nahezu unheimliche, absolute Ruhe im Ort, wird auch von weiteren bekannten Berichten zu den damaligen Ereignissen eindrucksvoll bestätigt.
Die in der Dudweiler Bevölkerung vermutete militärische Lage wird durch das in der Tagebuchaufzeichnung unter “Sonntag, den 18.März 1955″ erwähnte Gerücht beschrieben, wenn dort u. a. ausgeführt wird: ” Von Mund zu Mund geht die Kunde, die Amerikaner sind durch die erste Bunkerlinie des Westwalls durch in Richtung St. Ingbert. … Zeitungen gibt es ja nicht mehr, Lautsprecher sind ohne Strom wertlos und so jagd ein Gerücht das andere.” Die Wirklichkeit des Kriegsgeschehens hat dieses Gerücht bestätigt. Die alliierten Streitkräfte umgingen Dudweiler von Saarbrücken aus westlich auf dem Weg über die Grühlingstraße und umgingen damit auch das stark durch Anlagen des Westwalls befestigte Massiv des Brennenden Berges. Dudweiler ist nach weiteren Berichten, die uns aus Dudweiler vorliegen, zuerst von Norden – und schließlich auch von der Grühlingstraße über den Neuhauser Weg her sowie auf direktem Weg von Saarbrücken aus – besetzt worden durch Einheiten der 70. US-Infanteriedivision. Diese unter dem Namen “Trailblazzers” kämpfende Formation hatte den erfolgreichen Vorstoß auf Saarbrücken geführt. Ein Denkmal auf der Spicherer Höhe


erinnert heute noch an die intensiven Kämpfe um die in der o. a. Tagebuchnotiz erwähnte “erste Bunkerlinie” des Westwalls und würdigt – auch in deutscher Sprache – das “Gedenken aller Opfer der Kämpfe im Winter 1944-1945”.
Ausführliche Informationen zu den Ereignissen in jenen Tagen finden sich in den folgenden Bänden der Historischen Beiträgen aus der Arbeit der Dudweiler Geschichtswerkstatt:
Peter Jurecka (Textkoordination), Dudweiler Zeitzeugen erinnern sich an die Endphase des 2. Weltkrieges, Band 6, 2000, S. 107 ff.
Armin Wagner, Die letzten Kriegsmonate und die unmittelbare Nachkriegszeit in Dudweiler, Band 11, 2010, S. 102 ff.
Näheres dazu unter: www.dudweiler-geschichtswerkstatt.de
Die Dudweiler Geschichtswerkstatt (kurz: DGW) ist eine Arbeitsgemeinschaft der Volkshochschule des Regionalverbands Saarbrücken, die jedermann zur Mitarbeit offen steht.
Autor, Fotos: H. Sauer, DGW