OB Conradt zum Corona-Virus

Auf der Homapage der LHS – www.saarbrücken.de – zu finden – hier im Wortlaut:

Corona: Oberbürgermeister Uwe Conradt richtet sich an die Bürgerinnen und Bürger. 

Oberbürgermeister Uwe Conradt – LHS

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

das Coronavirus ist eine weltweite Pandemie, die nun auch Saarbrücken erreicht hat. Es gibt erste Fälle von Erkrankungen im Stadtgebiet, einige Menschen stehen unter Quarantäne.

Leider müssen wir uns auf Basis aller derzeit vorliegenden Informationen – insbesondere angesichts der langen Inkubationszeit – darauf einrichten, dass wir mit weiteren Fällen in der Stadt und in der Verwaltung rechnen müssen.

Die Pandemie bestimmt nicht nur die Medien, sondern auch alle Gespräche im öffentlichen, beruflichen und privaten Raum. Viele Menschen machen sich große Sorgen, andere nehmen das Thema eher auf die leichte Schulter.

Ich schreibe Ihnen dies in Sorge um Menschen, die erkrankt sind, die unter Quarantäne stehen, aber auch in Sorge um die zahlreichen Begleiterscheinungen, das Miteinander der Menschen, die Aufrechterhaltung der Ordnung, aber auch um die wirtschaftliche Zukunft.

Die Lage, die Schlagzeilen, was uns fehlt.

Die Lage:

Die WHO hat am 11.3.20 Corona zur Pandemie erklärt. Sie befindet sich auf der Stufe 0 der Pandemieskala.

China hat am 31.12.2019 die WHO über eine unbekannte Lungenkrankheit informiert. In China sind bislang von 1,4 Milliarden Menschen 80.933 erkrankt, davon in der Region Hubei 67.781. Von den 4720 weltweit registrierten Todesfälle betreffen derzeit 3056 bzw. 65 % diese chinesische Region.

In Deutschland wurde bei 2.369 Menschen das Virus festgestellt. Es gab 5 Todesfälle (Zahlen des RKI vom 12.3.20). Innerhalb Deutschlands gibt es einen besonderen Ausbruch der Pandemie im Landkreis Heinsberg, der von der saarländischen Landesgrenze etwa 200 Kilometer entfernt liegt. Das Robert Koch Institut stuft nur den Landkreis, aber nicht das Bundesland NRW und die benachbarten Gebiete in Rheinland-Pfalz, Niederlande und Belgien als Risikogebiet ein.

In Mulhouse, im Süden des Elsass, an der Schweizer Grenze, ebenfalls etwa 200 km entfernt von der saarländischen Landesgrenze, kommt es zu einem Ausbruch der Pandemie, der vor allem die Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin betrifft. Das Robert-Koch-Institut stuft daraufhin die gesamte französische Region Grand Est als Risikogebiet ein.

Die Schlagzeilen:

Wie jede Krise ist auch diese Krise ein Medienereignis. Bilder und Nachrichten kommen beinahe im Minutentakt. Es fehlt nicht an Daten und Fakten, aber an einer fundierten und verlässlichen Einordnung.

Gerade in diesen Zeiten gilt: Je stärker eine Botschaft zugespitzt wird, desto höher ist die Aufmerksamkeit und Reichweite. Dies war auch bei vorangegangenen Pandemien so, aber in Zeiten Sozialer Medien ist der Zeitdruck noch höher, kann jedes lokale Ereignis, jede lokale angeordnete Maßnahme, möglicherweise weltweit medial verbreitet werden und Unsicherheit erzeugen – bei der Bevölkerung und der politischen Führung – aber leider oft ohne lokalen Kontext.

Virologen, die es für möglich halten, dass sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung mit Corona infizieren werden, müssen sich fragen lassen, ob dies wirklich das wahrscheinliche Szenario ist, ob es hier nicht in erster Linie um die Inszenierung der eigenen Person geht, denn ausschließen kann dies natürlich niemand, aber aus medizinischer Sicht spricht vieles dagegen.

Es ist daher höchst fragwürdig, sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt diese Zahlen zu eigen zu machen, denn hierdurch werden große Teile der Bevölkerung verängstigt.

Die politische Führung hat auch keine anderen Informationen als die Bevölkerung. Wer aber jetzt zu Maßnahmen greift, die noch kein anderer getroffen hat, bestimmt eindrucksvoll die Medienwelt. Noch immer handelt es sich um eine Lage des Gesundheitsschutzes, da sollte die fachliche Meinung der Gesundheitsämter und Mediziner gelten.

Auch in dieser Lage sollte uns bewusst sein: Menschen sind anfällig für Angst. Mit Angst darf man aber keine Politik machen. Panik und Hysterie dürfen unter keinen Umständen in der Bevölkerung geschürt werden.

Was fehlt?

Es fehlt an fundierten und verlässlichen Analysen, dem Einordnen, was ist und sein wird.

1. Besonnenheit und Hygiene sind Ausdruck gelebten und aktiven Bürgersinns

Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus und der auch realen Ansteckungsgefahr, die aber auch vom Robert-Koch-Institut weiterhin als mäßig eingeschätzt wird, empfiehlt es sich, konsequent verstärkte Hygieneregeln zu beachten.

Regelmäßiges und verstärktes Händewaschen gehört genauso dazu wie eine regelmäßige Säuberung und Desinfektion von Oberflächen, die regelmäßig angefasst werden. Auch durch die Vermeidung von Massenansammlungen von Menschen, nicht notwendigen Körperkontakten und durch das Abstandhalten von anderen Menschen, die möglicherweise Krankheitssymptome aufweisen, kann die Ansteckungsgefahr weiter reduziert werden.

Wer diese Regeln beachtet, braucht keine übertriebene Angst zu haben und kann am Berufsleben sowie am gesellschaftlichem Leben weiter teilnehmen. Lassen Sie sich nicht in Panik versetzen, Angst ist ein schlechter Ratgeber. Besonnenheit und Hygiene sind Ausdruck gelebten und aktiven Bürgersinns.

2. Helft einander, verurteilt nicht, nehmt Rücksicht

In unserer Stadtgesellschaft leben Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen, Alleinstehende, Familien mit vielen Kindern und Familien aus vielen verschiedenen Nationen. Mancher wird Hilfe brauchen, weil er erkrankt ist oder unter häuslicher Quarantäne steht.

Die Stadtverwaltung und die Hilfsorganisationen werden ihr Möglichstes tun, aber gelingen kann es nur, wenn alle solidarisch sind und mithelfen. Nachbarschaftshilfe, Netzwerke in Stadtteilen, Vereine – sie alle tragen Mitverantwortung dafür, dass geholfen wird.

Leider kommt es in diesen Situationen immer wieder vor, dass Kranken Vorwürfe gemacht werden. Menschen verunglimpfen Gruppen, denen Kranke angehören, pauschal und unterstellen, sie seien mit dem Virus infiziert.

Egal ob Menschen aus dem fernen China oder aus dem nahen Frankreich: Eine solche diskriminierende Grundhaltung ist nicht situationsangemessen, sondern eine pauschale Diskriminierung. Diese Vorfälle, die sich bereits in den letzten Stunden in Saarbrücken ereignet haben, veranlassen mich dringend dazu zu appellieren, nicht zu verurteilen, sondern allen Menschen mit Menschlichkeit, Rücksicht und Respekt zu begegnen.

Ich sage es mit den Worten des WHO-Generaldirektors:

  • Lassen Sie die Hoffnung das Gegenmittel gegen die Angst sein.
  • Lassen Sie die Solidarität das Gegenmittel sein.
  • Lassen Sie unsere gemeinsame Menschlichkeit das Gegenmittel gegen unsere gemeinsame Bedrohung sein.

3. Stellen Sie sich auf Unvorhergesehenes ein

Alle Menschen, die in den letzten Tagen unter Quarantäne gestellt werden mussten oder bei denen die Krankheit festgestellt wurde, konnten dies nicht vorhersehen. Betriebe und Schulen, die betroffen sind, ebenso nicht. Es ist daher sinnvoll, sich auf eine solche mögliche Situation mindestens angemessen vorzubereiten.

In vielen Bereichen existieren Pandemieplanungen, so auch für die Stadt Saarbrücken. Jede einzelne Maßnahme, die zu treffen ist, stellt jedoch etwas Neues und Unvorhergesehenes dar. Daher ist es sinnvoll sich darauf einzustellen und ebenfalls und besonnen darauf zu reagieren.

4. Das Rathaus bleibt offen, die staatliche Ordnung wird aufrecht erhalten, es wird Einschränkungen geben

Die Pandemiepläne der Stadt sind darauf ausgerichtet, dass mit dem Ziel, die staatliche Ordnung aufrecht zu erhalten, die Verwaltung umfassend, insbesondere in den Kernbereichen, einsatzfähig bleibt. Das Rathaus und alle sicherheitsrelevanten Bereiche bleiben jederzeit einsatzfähig und werden in manchen Bereichen noch verstärkt.

Nicht unbedingt notwendige Veranstaltungen der Verwaltung werden nicht stattfinden. Neben den angekündigten Schließungen von Schulen und Kitas ist die Schließung von städtischen Einrichtungen gemäß Weisung des Gesundheitsamtes oder von Landesbehörden möglich.

Bitte passen Sie auf sich und Ihre Familie auf. Gemeinsam werden wir diese Krise überstehen.

Herzliche Grüße
Ihr

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