Selbst-Rufmord 2.0: Fitnesscenter schließt Behinderten aus

Ein Saarbrücker Fitnesscenter bietet derzeit das Paradebeispiel, wie man a) auf keinen Fall mit Menschen umgehen sollte und b) den Wut der Masse im Web 2.0 absolut unterschätzt. Vor einigen Tagen sorgte ein Post von Dominik D. bei Facebook für Aufruhr. Dominik ist seit einem Snowboard-Unfall querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Trotzdem lässt er sich nicht unterkriegen und lebt ein normales Leben – und dazu gehört auch, in einem Fitnesscenter mit seinen Freunden zu trainieren. Während seine Freunde dort aber anscheinend gerne gesehen sind, wurde ihm bei seinem ersten Besuch nahe gelegt, bitte nicht wieder zu kommen.

Dominik machte sich über diesen Umgang mit ihm bei Facebook Luft. Dadurch, dass seine Freunde den Post teilten, gelangte er an eine breitere Öffentlichkeit – die Empörung war verständlicherweise groß.

Er könnte den Rollstuhlfahrer ja verklagen – sagt der Inhaber

Nun hat die Saarbrücker Zeitung das Thema aufgegriffen, hat sich mit Dominik getroffen und hat auch den Geschäftsführer der Fitnesskette zu Wort kommen lassen. Zunächst wollte der sich gar nicht äußern – erst, nachdem der Fall immer mehr die Runde machte, meldete er sich laut dem Zeitungsbericht von einer Auslandsreise. Er gesteht ein, dass seine Mitarbeiter falsch reagiert hätten, aber auch was Dominik sich erlaubt hätte, sei eine “harte Nuss”. Mit der Facebook-Aktion hätte er sich nicht fair gegenüber seinem Laden verhalten, zitiert die SZ den Studio-Inhaber. Eigentlich könne er den Rollstuhlfahrer ja auch wegen Beleidigung verklagen, aber Dominik D. sei ja schon gestraft genug, fügte er laut dem Zeitungsbericht hinzu.

Die Saarbrücker Zeitung verzichtet darauf, den Namen des Fitnesscenters zu nennen. Muss sie auch nicht, denn der Name macht längst die Runde im Netz. Und war die Empörung über den eigentlichen Vorfall schon groß, wächst sie jetzt noch umso mehr. Vor allem die Reaktion des Geschäftsführers ist für viele unverständlich.

“Einfach unter aller Würde”

“[…] die erste Aktion ist einfach schon unglaublich, aber die Aussagen des Besitzer sind einfach unter aller Würde!” oder “Ich weiß nicht, was ich krasser finde. Die Nummer an sich oder den Kommentar von Inhaber. Der sprengt wirklich alle Ketten” sind nur einige der Kommentare, die sich derzeit bei Facebook zu dem Thema finden.

Im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung hat der Geschäftsführer noch darauf hingewiesen, dass er das Hausrecht hat und entscheidet, wen er reinlässt – behindert oder nicht. Es steht zu vermuten, dass sich das Problem dem Inhaber demnächst nicht mehr stellt. Es dürfte nicht erstaunen, wenn es demnächst zumindest in Saarbrücken keine Filiale dieser Fitnesskette mehr geben wird.

Hier der Beitrag in der Saarbrücker Zeitung:   http://www.saarbruecker-zeitung.de/leben-in-saarbruecken/stadtgespraech/art296930,4280838#.T6QMEp91Cpl

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13 Thoughts to “Selbst-Rufmord 2.0: Fitnesscenter schließt Behinderten aus”

  1. Schmitt

    Find ich ja krass hier, unten Bericht und oben in der Kopfzeile Werbung für Rückentraining.

  2. Thomas Braun

    @Schmitt: Ja, sie haben recht – das ist vielleicht nicht ganz glücklich, funktioniert aber automatisiert. Der Banner-Werbeplatz wird über Google bestückt, anhand von Suchbegriffen wird die mutmaßlich thematisch passende Werbung ausgesucht. In diesem Fall vielleicht dann doch nicht ganz passend …

  3. Das ist ja der Hammer!!! Für was hält sich dieser Studio- Leiter eigentlich. Na, ich würde mal sagen, demnächst darf sich dieser ” nette Mensch “, Ex- Studio- Leiter nennen. Denn für Kündigungen, von Seiten seiner Kundschaft hat, er ja wohl selbst gesorgt.

  4. Brigitte Frey

    Das hatten wir vor jahren doch schon einmal in Dudweiler.Da durften Behinderten nicht in die Eisdiele zum eis essen.Damals hatte Inhaber sich doch auch selber sehr geschadet mit seinem verhalten..

  5. Christian

    Beratungsresistente Menschen mit mangelndem Sozialverhalten DÜRFEN in unserer Gesellschaft nicht durchkommen. Wer Behinderte ohne nachvollziehbare Gründe ausschließt, schließt damit alle aus. Die Facebook Aktion, der SZ-Bericht und die Unterstützung von Bloggern und regionalen und überregionalen Webseiten erreicht bisher weit über 30.000 Menschen! Ein tolles Beispiel dafür, das unsere Gesellschaft durchaus soziales Verständnis, Zusammenhalt und Mitgefühl zeigt, wenn es drauf ankommt. Ich hoffe wirklich, dass die “Noch-Mitglieder” Konsequent sind und jeder seine persönlichen, moralischen Schlüsse zieht. Durch die in den vergangenen Jahren entstandene Dichte an Fitnesscentern jeder Preisklasse gibt es genügend Alternativen für jedermann. Trotz der gegebenen Möglichkeit einer Klarstellung, und trotz der “Bedenkzeit” von mehreren Tagen, hat man der Öffentlichkeit in der Zeitung sein wahres Gesicht gezeigt. Das ist kein Kavaliersdelikt mehr, sondern tiefste Diskriminierung, die dem Image dauerhaft angehaftet bleibt… Und im Bezug auf die Aussage, das man Dominik wegen Beleidigung anzeigen könnte: Richter haben in der Regel Sozialverstand und bewerten die ganze Situation. Bei dieser Verhandlung wäre ich dann gerne dabei.

  6. Jürgen W. Ludwig

    Da funktioniert das mit dem Rollstuhl mal nicht wie mit dem Snowboard abseits der Piste und schon kann man eine hübsche Diskriminierungskampagne daraus machen. Der genaue Kommunikationsablauf der Beteiligten ist mir nicht bekannt, aber es gibt jede Menge sicherheitstechnische Gründe, weshalb ein “Traning” im Rollstuhl in gewöhnlichen Fitness- und Gesundheits Studios nicht unproblematisch ist. Das interessiert aber weder die Presse noch die Internetgemeinde zu interessieren. Hauptsache die Schlagzeile stimmt und Dominik hat den großen Auftritt, den er bedauernswerterweise seit seinem Unfall nicht mehr hatte….Er spricht in keinem Fall für mich, ebenfalls Rollstuhlfahrer und vorher langjähriger Kunde in einem Gesundheitsstudio. Wer den Konflikt suchte, hat ihn noch immer gefunden…

    1. Leonie G

      Endlich mal ein Vernümpftiger und realistischer Beitrag! Das die Presse immer alles hochpuscht sollte ja jedem bekannt sein. Klar wäre der Artikel nicht so interessant, wenn die Studiomitarbeiter / der Inhaber gut dagestellt werden. Dann würde es wahrscheinlich jeder halbwegs intelligente Mensch verstehen. Wo und wie soll der gute Mann denn auf WC gehen, duschen, etc. wenn die Einrichtung das nicht hergibt???

  7. Christian

    Jetzt fängt der Jürgen hier auch noch an…
    Da bekommt man ja den Eindruck hier wäre ein Troll unterwegs…

    Wer Dominik kennt, weiß er hätte den Aufruhr nicht nötig gehabt hätte.
    Wenn das Studio gesagt hätte, wir haben noch keine Erfahrungen mit Rollstuhlfahrern und wir müssen uns er erkundigen usw.. hätte keiner etwas gesagt. Es geht um die Art und Weise und vor allem auch um die Aussagen die anschließend gegenüber der SZ noch vom Chef getätigt wurden…

  8. Claus

    Dies ist eine absolute Frechheit. Muß man eine solche Einstellung verstehen??? Bitte nicht!
    Es ist an der Zeit dass man solchen Leuten zeigt, wo der “Hammer” hängt!!
    Freut mich, dass solche Vorfälle durch das Medium Internet public werden.
    LG
    Claus

  9. Michael Stark

    Bei allem Respekt, aber anstatt sofort zur Presse zu rennen wäre ich am nächsten Tag vielleicht nochmal hin und hätte in Ruhe über die Gründe usw. geredet, entsprechende Personen herangefordert. Weil viele wissen das manches ausn Affekt passieren kann, Äußerungen usw.
    Ich finde, bevor man einen solchen Rufmord im Internet betreibt sollte man abwarten bis beide Parteien sich mal zusammengesetzt haben und miteinander geredet haben. Vorher ist es Hetzerei. Ich gehe davon aus das es dort zu einer Übereinkunft kommen würde.

    LG Michael

  10. Jürgen Ludwig

    @Christian: Sie müssen es schon hinnehmen, daß ich mir das gleiche Recht wie Sie und andere Dominik-Fans beanspruche und in den Blocks poste, die den “Skandal” publizieren: SZ-Online, Dudweiler Blog, Heise, facebook -ohne die Prinzmedien zu nennen. Die SZ hat aus unerklärten Gründen die Kommentare entfernt, in heise.de läuft es auch kontrovers. Dominik ist mit Sicherheit eins: Medial erfahren. Jedoch ist er kein typischer Rollstuhlbehinderter. Er ist der Prototyp: Der durchtrainierte und alleskönnende doch-nicht-Behinderte, der sehr gut ohne Rollstuhl kann und andererseits der rechthaberische doch-Behinderte, dem der Rollstuhl im passenden Moment die Legitimation auf besondere Beachtung sichert. Und es gilt nicht nur für den Studiobetreiber und Dominik wie für alle Affen: Man muß sehen, wie man von den Bäumen wieder herunter kommt. Das ist direkt, aber ehrlich.

  11. Rita

    Man könnte meinen, hier geistern 3-4 Leute durch die Blogs, die von dem Studiobesitzer bezahlt wurden, den Schaden nochmal ein wenig glattzubügeln, den er mit seinen eigenen Aussagen gegenüber dem Journalisten angerichtet hat. Hier gilt: Wer lesen kann ist klar im Vorteil! Diese Aussagen kommen vom Studio Besitzer persönlich und bestätigen alles, was Dominik D. über den Vorfall erzählt hat. Es ist auch nicht aus dem Affekt heraus passiert, da der Studio Besitzer eine ganze Woche lang Zeit hatte zu reagieren… (Zeitraum zwichen Dominik´s Facebookpost und dem Zeitungsbericht)

    Wenn Dominik D. Aufmerksamkeit suchen würde, dann hätte er der Saarbrücker Zeitung, der Bild Zeitung oder einem anderen Medium gestattet, seinen vollen Namen abzudrucken und ein Foto zu machen, auf dem er zu erkennen ist. Ausserdem wurde der Name der Fitnesskette nicht genannt. Dies ist keine Anklage an ein einzelnes Studio. Es ist ein appelieren an die Menschlichkeit…

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